Die psychologischen Folgen des Coronavirus
date
22. April 2020
AUTOR
Veronika | Co-Founder & COO
Eine Studie des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmertum, Zeppelin Universität.
Reiseverbote, Ausgangssperren und die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Unterstützung der „Social Distancing”-Maßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie („Coronavirus”) haben aktuell massive Auswirkungen auf unser Leben und unsere Gesellschaft. Viele von uns arbeiten derzeit von zu Hause oder gar nicht mehr, können weder Freunde noch Familien treffen und dürfen nur aus einem triftigen Grund unser Zuhause verlassen. Keine Frage – diese Maßnahmen sind absolut notwendig, um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen und einen plötzlichen Mangel an Krankenhaus- und Intensivbetten zu verhindern, was zu einer erhöhten Todesrate führen würde.
Nur wenige Unternehmen und Branchen bleiben von der Krise unberührt. Während die Infektions- und Todesraten in einigen Ländern bereits wieder abklingen, haben andere Länder das Schlimmste noch vor sich und können in absehbarer Zukunft mit keiner Besserung rechnen. Über die Symptome und körperlichen Auswirkungen des Coronavirus wird umfassend berichtet, doch wie steht es um die weniger greifbaren Lebensbereiche, die täglich von der aktuellen Situation betroffen sind? Welche persönlichen Erfahrungen sammeln betroffene Menschen in den Wochen und Monaten, die sie isoliert bzw. im Homeoffice verbringen? Entwickeln sie Bewältigungsstrategien und neue Routinen, um produktiv zu bleiben und die neuen Herausforderungen zu meistern?
How are you today?
Um mehr darüber zu erfahren, wie es uns in dieser außergewöhnlichen Situation geht, haben Dr. Laura Bechtold und Prof. Dr. Reinhard Prügl vom Friedrichshafener Institut für Familienunternehmertum, Zeppelin Universität, eine Studie erstellt, die auf der Climedo-Plattform basiert. Ziel der Studie ist es, die persönlichen Erfahrungen zu erforschen, die Menschen in der „Social Distancing”-Phase und der zunehmenden Zeit im eigenen Zuhause sammeln. Wir möchten auch Sie ermutigen, an dieser Studie teilzunehmen, falls möglich. Bisher gab es über 200 Studienteilnehmer aus der ganzen Welt.
Wer kann teilnehmen?
Die Forschungsgruppe sucht nach Teilnehmerinnen und Teilnehmern ab 18 Jahren, die bereit sind, ihre Erfahrungen anonym in kleinen Climedo-Umfragen und regelmäßigen Tagebucheinträgen für 10 aufeinanderfolgende Arbeitstage mitzuteilen.
So funktioniert’s
Nachdem Sie sich bei Climedo für die Studie angemeldet haben, erhalten Sie einen detaillierten Fragebogen, der etwa 15 Minuten dauert. Nach diesem ersten Eintrag werden Sie gebeten, ein tägliches Stimmungsbarometer und einen kurzen Tagebucheintrag über Ihre persönlichen Erfahrungen auszufüllen (Dauer ca. 5-10 Minuten). Dazu werden täglich am späten Nachmittag Erinnerungen per E-Mail verschickt. Umfragen können einfach von Ihrem Mobiltelefon oder Computer aus durchgeführt werden. Da die Umfragen browserbasiert sind, ist keine Software oder App erforderlich. Die Teilnahme an dieser Studie ist freiwillig und kann jederzeit abgebrochen werden. Auch wenn Sie einige Tage lang nicht teilgenommen haben, können Sie jederzeit wieder starten.
Die Forschungsgruppe wird versuchen, regelmäßig Auszüge aus den Ergebnissen zu veröffentlichen, um alle an der Lernerfahrung teilhaben zu lassen. Einen Überblick der ersten Ergebnisse finden Sie auf der Projekt-Website.
Es besteht auch die Möglichkeit, am Ende des Fragebogens Nachrichten hinzuzufügen, die auf der Projektseite als anonymes Zitat veröffentlicht werden, um persönliche Gedanken zu teilen.
So hilft Climedo
Vor einigen Wochen haben wir angekündigt, dass wir unsere elektronische Plattform für klinische Datenerfassung für bestimmte COVID-19-bezogene Forschungsprojekte kostenlos anbieten werden. Wir waren begeistert, als Laura sich mit ihrer Studie an uns wandte. Mit Climedo kann eine theoretisch unbegrenzte Teilnehmerzahl in die Studie aufgenommen werden. Erinnerungen werden über eine automatisierte Funktion (Teil unserer eDiary-Lösung) verschickt. Alle erhobenen Daten werden anonym in Climedos Plattform konsolidiert. Zudem ermöglichen unsere Dashboards die einfache Anzeige von Statistiken und Trends.
Die Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie werden wissenschaftlich ausgewertet, was noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Das Team wird jedoch versuchen, einige Ergebnisse regelmäßig zu veröffentlichen, um zur COVID-19-Informationslage beizutragen. Laura und Reinhard haben bereits einige interessante Ergebnisse aus der Studie abgeleitet, die hier zu finden sind.
Eine Momentaufnahme der allgemeinen Stimmung am 1. April:
Die meisten Teilnehmer glauben, dass ihr Unternehmen gut auf die Arbeit im Homeoffice vorbereitet ist:
„Bislang beobachte ich drei wesentliche Entwicklungen”, so Dr. Laura Bechtold. „Erstens, während wir uns gerade der 5. oder 6. Woche unter den Beschränkungen nähern, verwandelt sich die Euphorie, dass dies tatsächlich funktioniert, langsam in eine Art „Techno-Müdigkeit”. Die Leute sind es leid, ständig auf den Bildschirm zu starren und die Magie der virtuellen Teammeetings nimmt ab. Zweitens, da die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr verschwimmen, könnten sich im digitalen Bereich Gruppen-Konfliktlinien, d.h. hypothetische Trennlinien, die eine Gruppe aufgrund unterschiedlicher Merkmale in Untergruppen aufteilen, wie sie in der analogen Welt vorhanden waren, verstärken. Man denke nur an die Eltern versus Nicht-Eltern (zumindest solange die Schulen geschlossen sind), Digital Natives vs. Nicht-Natives, Corona-Risikogruppen vs. Nicht-Risikogruppen. All diese Unterschiede gab es schon vor Corona, doch jetzt sind sie zu entscheidenden Faktoren bei der Restrukturierung des Arbeitsalltags geworden und könnten zu einer neuen sozialen Dynamik in Teams führen. Drittens leben wir trotz der Pandemie immer noch in einer Zeit, in der die ,Selbstoptimierung’ einer der höchsten Werte zu sein scheint. Social-Media-Plattformen rufen uns ständig auf, die Zeit zur persönlichen Weiterentwicklung zu nutzen und neue Fähigkeiten zu erlernen. Es ist zwar toll, dass Menschen darüber nachdenken, wie sie produktiv bleiben können, aber dieser Trend beunruhigt mich etwas. Schließlich befinden wir uns immer noch in einer Krise und die Menschen müssen mit dieser ,neuen Normalität’ umzugehen lernen. Für einige ist dies einfach, für andere braucht es Zeit. Künstliche Erwartungen zu wecken, dass jeder die Ausgangsbeschränkungen als Yoga praktizierender Programmierer mit Meister-Koch-Fähigkeiten verlassen sollte, könnte unnötigen Druck hinzufügen und zu negativem Stress führen”.
Über das Friedrichshafener Institut für Familienunternehmertum
Das Friedrichshafener Institut für Familienunternehmertum | FIF wurde 2009 gegründet. In Forschung, Aus- und Weiterbildung beschäftigt es sich seither intensiv mit den zentralen unternehmerischen und familiären Herausforderungen und Chancen von Familienunternehmen im Hinblick auf deren Zukunftsfähigkeit. Ihr Grundansatz ist bewusst stark forschungsorientiert und gleichzeitig anwendungsorientiert und unternehmerisch geprägt.